Immer noch hält sich vereinzelt die Ansicht, dass nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierte Sachverständige für Immobilienbewertung in gerichtlichen Verfahren, z.B am Familiengericht, oder allgemein in Erbsachen oder Nachlasssachen, nicht mit Gutachten beauftragt werden könnten. Als Begründung wird dann meist auf § 404 Abs. 3 ZPO (Zivilprozessordnung) verwiesen, wonach öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vermeintlich ein Vorrang eingeräumt wird.
Dabei handelt es sich bei der Vorschrift des § 404 Abs. 3 ZPO um eine bloße Ordnungsvorschrift. Somit handelt das Gericht (Richter / Richterin, Rechtspfleger / Rechtspflegerin) oder ein Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin, welche einen zertifizierten Sachverständigen beauftragt, nicht fehlerhaft. Denn eine Zertifizierung nach dem Standard DIN EN ISO/IEC 17024 ist ein der öffentlichen Bestellung vergleichbarer Nachweis der Sachkunde und diesem fachlich gleichzusetzen. Das stellte das Landgericht Hechingen mit Bezug auf Zöller-Greger, ZPO, § 404 Rn. 2 und das Urteil des OLG Hamm vom 07.06.2010, Az. 6 U 213/08 zuletzt nochmal klar (LG Hechingen, Beschluss vom 19.07.2017, Az. 1 OH 19/15).
Weitere Voraussetzungen
Neben der Sachkunde sollte der Sachverständige über die entsprechende persönliche Eignung verfügen und mit den Verfahrensabläufen (bei Gericht) hinreichend vertraut sein. Dann kann er u.a. mit den Besonderheiten bei streitigen Sachverhalten, zerstrittenen Verfahrensbeteiligten oder Wertermittlungen zu manchmal weit in der Vergangenheit liegenden Stichtagen auch sachgerecht umgehen. Bei der Bearbeitung des Gutachtenauftrags bedarf es dazu auch schon einmal umfangreicherer Korrespondenzen und zielgerichteter Kommunikation. Denn Ziel ist es ja, dem Gericht die im Beweisbeschluss benannten (außerrechtlichen) Fachfragen zu beantworten sowie allen Beteiligten die relevanten Fachinformationen zur Verfügung zu stellen, die diese für ihre Entscheidungsfindung in der weiteren Auseinandersetzung benötigen. Dies in nachvollziehbarer und verständlicher Art und Weise. Selbstverständlich immer unabhängig, neutral und transparent, damit ein Vorwurf möglicher Befangenheit gar nicht erst aufkommen kann.
Gutachten fürs Finanzamt
Eine entsprechende Sachkunde ist dazu die Grundvoraussetzung, die mit der Zertifizierung und turnusmäßigen Rezertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 nachgewiesen ist. Gleiches gilt im Übrigen in steuerlichen Angelegenheiten, sei es für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes z.B. im Rahmen der Veranlagung zur Erbschaftssteuer oder Schenkungssteuer, die Kaufpreisaufteilung zur Gebäudeabschreibung oder bei Entnahmen aus dem Betriebsvermögen. Die Rechtsgrundlage zur Vorlage und Anerkennung von Gutachten bei Finanzverwaltungen ist dabei dann eine andere.