§ 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) regelt den sogenannten Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes: Danach können der oder die Steuerpflichtige im Falle einer Veranlagung zur Erbschaftsteuer oder Schenkungssteuer durch ein Verkehrswertgutachten den Nachweis führen lassen und damit gegenüber dem Finanzamt nachweisen, dass der gemeine Wert im Sinne des § 9 BewG niedriger ist, als dieser bei der Erbschaftssteuer oder Schenkungssteuer zugrunde gelegt wurde.
Der gemeine Wert im Sinne des § 9 BewG entspricht regelmäßig dem Verkehrswert im Sinne des § 194 Baugesetzbauch (BauGB). Dieser kann durch einen nach der DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken / Immobilien im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens ermittelt und damit gegenüber dem Finanzamt glaubhaft gemacht werden (siehe auch Immobilien und Steuern).
Die Finanzverwaltungen hatten schon häufiger klargestellt, dass der Steuerpflichtige den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts regelmäßig durch ein Gutachten eines nach der DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erbringen kann (Nichtanwendungserlass). Nun wurde auch das Bewertungsgesetz insofern an die seitens der Finanzverwaltungen „gelebte Praxis“ angepasst, als § 198 Absatz 2 klarstellend geändert wurde. Mit der Änderung des Bewertungsgesetzes, die am 23.07.2021 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Gutachten zertifizierter Sachverständiger in steurlichen Angelegenheiten nicht nur bei den Finanzverwaltungen, sondern auch bei den Finanzgerichten als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts Verwendung finden können.
Im Übrigen ist es ebenfalls bewährte Praxis, dass zertifizierte Sachverständige in Zivilprozessen mit der Erstellung von Verkehrswertgutachten beaufgtragt werden (siehe auch Ehescheidung und Trennung).